Am 01.06.2019 versammelten sich ca. 50 Interessierte zum Glockenvortrag von Benedikt Grammer. Beim Seelenmal bei der Kirche begrüsste Organisator Stephan Wiltsche den Redner und das Publikum. Herr Grammer führte zum Thema hin und alle warteten gespannt auf das Einläuten der Kirchenglocken von St. Martin. Es war ein Genuss, das Geläut einmal ganz bewusst wahrzunehmen.
Im Gemeindesaal erfuhren die Zuhörer viel Interessantes. Glocken wurden in China bereits ab ca. 5000 vor Christus gefertigt. Sie dienten der Nachrichtenübermittlung, die schneller als ein Pferd sein und weiter reichen musste als die menschliche Stimme. Diese Glocken hatten noch nicht viel Ähnlichkeit mit den heutigen Geläuten. Sie dienten ursprünglich als Prüfgefässe, es gab Handglocken, die später aufgehängt wurden und in großer Schmiedekunst hergestellt waren.
Mönche brachten die Glocken 1100 n. Chr. nach Mitteleuropa und entwickelten sie weiter.
Die ersten Glockengüsse hatten die Form einer Bienenkorbglocke.
Als älteste Glocke führte er hier die Lukullusglocke im Katharinenturm der Stiftsruine Bad Hersfeld an, die ca. 1038 hergestellt wurde. (https://de.wikipedia.org/wiki/Lukullusglocke)
Er gab einen kurzweiligen Überblick über die Herstellung, die Besonderheiten des Tonaufbaus einer Glocke und der allgemeinen Glockengeschichte. Er erzählte u.a. von den Wandergießern der Biberach Gieße und den Gebieten, die diese abdeckten. Anhand der Ton- und Bildbeispielen der Geläute aus u. a. Karsee (das schönste Geläut in Wangen), Niederwangen, Schwarzbach, Roggenzell und Wangen wurde dem Zuhörer schnell klar, dass Glocke nicht gleich Glocke ist.
Faszinierend waren die Erklärungen rund um die Maria Gloriosa in Erfurt, die als schönste Großglocke der Welt gilt (https://de.wikipedia.org/wiki/Gloriosa_(Erfurter_Dom)
Benedikt Grammer führte von Gotik,Renaissance, Barock in die heutige Zeit und hatte viele spannende Erzählungen zu den Geschichts-Ereignissen der Region und deren Auswirkungen auf die Glockengeschichte mitgebracht.
Er berichtete von der List der Gemeinden, die wertvollsten Kirchenglocken durch Umverteilung vor dem Einschmelzen im zweiten Weltkrieg zu retten. Die Geschehnisse um die Glocken von St. Martin während und nach dem zweiten Weltkrieg wurden durch Zeitzeugen lebhaft ergänzt.
Herr Grammer erklärte, wie wichtig die Erneuerung der Kirchengeläute den Menschen war, um das Friedensglück verkünden zu können und den Wunsch, wieder mehrere Glocken in den Kirchen läuten zu lassen. So erzählte er von der Weihnachtsgeschichte, die sich in Leupolz abgespielt hatte. Hier wurde 1951 vom evangelischen Gießer Kurz der Wunsch nach einer weiteren Glocke noch vor Weihnachten versprochen und erfüllt.
Noch viele solche besonderen Geschichten waren in diesem Vortrag neben den vielen fachlichen Informationen zu hören und das Publikum war vom ersten bis zum letzten Satz mit Begeisterung dabei!
Zum Abschluss der Veranstaltung konnte noch der Glockenturm von St. Martin bestiegen werden, um das Geläut zu besichtigen und zu hören.
Lesen Sie hierzu auch den Bericht von Vera Stiller/Schwäbische Zeitung vom 02.06.2019
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